Schlosshotel Kronberg: Wo Licht ist, ist auch Schatten
13. November 2022
10:00
Kronberg

Düster wie eine Sage aus fernen Zeiten mutet der Beginn der 14. Klaviersonate a-Moll von Franz Schubert an. Wie eine selbsterfüllende Prophezeiung entwickelt sich ein Kampf alter Kräfte. Der so schlicht daherkommende Choral wird von Akkorden und Oktavläufen regelrecht durchsiebt. In dieser Hoffnungslosigkeit führt uns Schubert an einen inneren Ort des Friedens. Mit dieser Gewissheit bricht der Widerstand – radikale Akzeptanz für das Außen. Was bleibt ist die Unversehrtheit des Geistes. Dieser erzählt im zweiten Satz von fernen Welten. „Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen?“ (J.W.v. Goethe Mignon) kommt mir in den Sinn, nur das diese Reise weiterführt als nach Süden. Weiter als unser menschlicher Geist zu träumen vermag. Wie eine Atemschaukel beginnt das Finale. Schwingt sich hoch, bis der Absturz droht. Mit Todessehnsucht wird das letzte Spiel gespielt, ja ausgekostet. Ein Einblick in die Psyche Franz Schubert, der seine letzten Lebensjahre wissend um sein baldiges Ableben komponierend verbrachte und seinen Auftrag erfüllte. Ja, er ist der Mutigste von allen. Ein freier Fall, so grausam und so erhaben.

Mozarts 13. Klaviersonate B-Dur KV333 öffnet ein Fenster und lässt warmen Wind hinein. Bittersüß vermischen sich Erinnerungen mit Träumen. Dazwischen wartet das Hier und Jetzt, bemüht, den Reigen nicht zu stören. Tiefe Schmerz legt sich über die Erkenntnis der Vergänglichkeit dieses Moments. Immer wieder schafft es Mozart für kurze Augenblicke die Zeit anzuhalten und den Schmerz aufzuheben. Das Andante beschwört den Sinn in unserem oft sinnlos wirkenden Leben herauf. Kostbar und verletzlich scheint es. Zu beiden Seiten ausgerichtet und doch keiner angehörig. Ewig unseren Entscheidungen ausgeliefert und doch pur. Das Finale birgt Überraschungen. Als Rondo beginnend irritiert es durch seine Durchführung, die in ihrer Dramaturgie Mozarts Opern gleicht. Zum Ende hin steigert sich der Satz bis zu einem sich selbst begleitenden Klavierkonzert mit zwei Kadenzen. Wie kein Zweiter vermag es Mozart Tiefen zu entwickeln, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind. Sein Blick auf die Welt war ein anderer als der unsere – wir können von ihm lernen, Täuschungen zu durchschauen.

Bachs Sonate für Violine a-Moll ist Teil seines Testaments. Mit dem Zyklus beginnt er den Tod seiner Frau aufzuarbeiten und gleichzeitig über das Leben zu philosophieren. Eine Expansion seines Komponierens. Das Grave spiegelt den Leidensweg unseres menschlichen Daseins. Erst die Akzeptanz von Schmerz lässt uns ihn überwinden. Die Fuge ist ein Wunderwerk der Kompositionskunst. Das kurze Thema wird in Unmengen von Variationen verschachtelt, bis es nahezu jeden chromatischen Schritt absolviert hat. Eine Metamorphose, die schwindelig macht. Das Andante ist das Lied der Zeit. Die sich selbst begleitende Violine erklingt durchweg in Doppelgriffen und Akkorden. Wie in Trance scheint sie manchmal Klippen zu umschiffen, dann wieder zwischen Zeit und Raum zu schweben. Im Finale erklingt ein Echo. Bemüht es einzufangen, wird vergessen, dass es das Eigene ist. Die Furcht vorm eigenen Schatten.

Franz Schubert: Klaviersonate Nr.14 a-Moll
Wolfgang Amadeus Mozart: Klaviersonate Nr. 13 B-Dur
Johann Sebastian Bach: Solosonate für Violine a-Moll BWV 1003

Violine, Klavier & Moderation: Puschan Mousavi Malvani